Please ensure Javascript is enabled for purposes of website accessibility

Ortsgewaltsübernahme am Fasnetsamstag in Zimmern o. R.

von Stefanie Siegmeier/ Schwarzwälder Bote

Wenn ein rosa Rössle um die Ecke kommt

Halten gar die Frauen Einzug bei der Zimmerner Narrenzunftspitze? Seit Samstag hat der Ort eine neue Obrigkeit. Narrenchef Daniel Rühle hat das Zepter übernommen.

Zimmern hat eine neue Obrigkeit – und das bereits seit Samstag, einen Tag länger also als üblich. Denn die Narrenzünftler um Narrenboss Daniele CC vom Stamme der Rühles, haben zum 100-jährigen Bestehen der Zunft keine Mühen gescheut und nehmen einen Tag Arbeit mehr in Kauf.

Schlüssel abgeknöpft

„Zu tun gibt es im Narrennest Zimmern auch genug“, sind sie sich einig, als sie am Samstagmittag, begleitet von Ausschellern, Musikverein und unzähligen Zuschauern zum Rathaus ziehen, um der Regentin Carmen vom Geschlechte der Merzen oberhalb des Stausees, den Schlüssel abzuknöpfen. Sie war vorbereitet, das Köfferchen bereits gepackt, Amtskette und Schlüssel bereitgelegt. Widerstand leistet sie nicht. Gemeinsam gings dann im Tross auf den Turnhallenvorplatz, wo zunächst der Jubiläumsnarrenbaum innerhalb weniger Minuten von den Boomstellern unter Anleitung von Karl-Heinz Zimmer aufgerichtet wurde. Das Publikum war begeistert, denn einen Narrenbaum gibt es in Zimmern allenfalls mal zum Jubiläum. Daniel Rühle begrüßte die zahlreichen Zuschauer, die den Turnhallenvorplatz gut ausfüllten, gab einen kurzen Rückblick auf die 100 Jahre Zunftgeschichte, bevor er Noch-Regentin Carmen das Wort überließ. Mit Hau-Ruck wird der Baum aufgestellt.

Künstliche Intelligenz

Kaum wiederzuerkennen und sichtlich gealtert, mit Falten und grauem Haar, trat sie ans Mikrofon. Carmen Merz hatte der neuen Obrigkeit eine ganz besondere Überraschung mitgebracht, denn die übliche Narrenstüble-Schelte der vergangenen Jahre blieb aus, da Merz der Zunft vor gut einer Woche beim Jubiläumsabend den Schlüssel für einen Vereinsraum in der Kirchstraße überreichen konnte. Darüber freuten sie sich sehr. Dennoch sei sie irritiert gewesen, ließ sie wissen. „Es ist schließlich erst Samstag? „Bin irritiert – und alarmiert! Jetzt soll deren Amtszeit schon länger werden, und ich hab‘ nach der Zeit noch mehr Beschwerden“, reimte sie. So wirklich böse schien sie aber über ihren Sonderurlaub nicht zu sein. Weitere Aufgaben hatte sie für die Mannen nicht im Gepäck, hätten sie doch mit ihrem Narrenstüble genug zu tun. Allerdings ließ sie Rühle und den Ausschuss per Foto ordentlich altern – wie sich das für 100 Jahre gehört – der Künstlichen Intelligenz sei Dank.

Neuer Ortschef

Im Anschluss wurde der neue Ortschef Rühle von Theo Böhne offiziell vereidigt und ins Amt eingeführt. „Ich Daniell CC Rühle, designierter Ortsvogt Zimmern, Godfather of the Narretei, gelobe feierlich, dass ich mein Amt auch im 14. Jahr als Schultes von Zimmern ob Narrweil in Würden und Ehren ausüben werde.“ Nach der Vereidigung hatte Böhne, launig gereimt, noch weitere Themen, wie Ausschussgeschichten, den Bulldogausflug und die Rottweiler Mutterzunft, auf dem Tapet. Hier kritisierte er, dass sich Narrenmeister Bechtold und seine Mannen beim Jubiläumsabend einfach aus dem Staub gemacht hätten. Das gehe gar nicht, so die Kritik. Noch einen Programmpunkt hatte die neue Regentschaft dabei. Ganz in der Manier des Bulldogausflugs traten sie als Protest-Bauern auf, denn um die Zukunft ihres Ausflugs machten sie sich bezüglich des Agrardiesels ernste Sorgen. Aber auch die Schorle-Schlotzer waren alarmiert. „Au die Winzer und der Rebensaft sind in höchster Gefahr. Denn Schorle kostet bald sieben Euro, und am Ende müsset mir noch Grüntee im Amboss saufe.“ Drum: „Mir von de Narrezunft werdet im Juli an Generalprotest durchführa. Für eine Landwirtschaft mit Hirn und Vernunft. Hu Hu Hu!“

Ein spezielles Rössle

Und zum Abschluss präsentierten die Ausschussfrauen ein neues Rössle: in Rosa, Weiß und Hellblau mit regenbogenfarbenen Peitschen. Das Publikum war begeistert, Daniel Rühle und seine Jungs waren wohl eher entsetzt und machten auch gleich klar, dass Frauen wohl in der Zimmerner Zunft nicht so schnell das Sagen haben werden. Über den Samstagstermin sollte die Narrenzunft weiter nachdenken – so ganz ohne Stress und den Rottweiler Bajassumzug im Nacken, lässt sich doch vortrefflich feiern.

Bilder von Stefanie Siegmeier

Musikverein holt mit den Ausschellern die Bürgermeisterin Carmen Merz im Rathaus ab.

Aufstellen des Narrenbaums

Bürgermeisterin Carmen Merz geschminkt als ältere Dame.

Bürgermeisterin Carmen Merz mit Narrenchef Daniel Rühle

Narrenräte mit ihren gealterten Bildern