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Goldene Heugabel für vierzig Jahre Ehrenamt

„Heute möchte ich die Gelegenheit nutzen und Ihnen allen gratulieren. Die jährliche Pflege des Gallisriedes ist eine bemerkenswerte Arbeit mit viel ideellem und körperlichem Einsatz, die seit vierzig Jahren ehrenamtlich geleistet wird“, so eröffnete Bürgermeisterin Carmen Merz die kleine Feier anlässlich des Jubiläums. Sie und der Horgener Ortsvorsteher Matthias Sigrist luden das diesjährige Helferteam nach getaner Arbeit zur Einkehr in die Minigolfgaststätte Horgen ein. Sigrist dankte ebenfalls allen ehrenamtlichen Helfern. Er freue sich sehr, dass ein seltenes und wertvolles Biotop quasi vor den Toren Horgens durch ihr Engagement erhalten bliebe.

Das im Eschachtal nordwestlich von Horgen versteckt liegende Waldbiotop und flächenhafte Naturdenkmal „Gallisried“ hat eine besondere Bedeutung für den Natur- und Artenschutz. Auf den ersten Blick nicht mehr als eine nasse Wiese, handelt es sich tatsächlich um ein Hangquellmoor oder Kalkflachquellmoor. Hangquellmoore entstehen dort, wo an flachen Unterhängen wasserstauende Schichten austreten und so an der Oberfläche Torfbildung möglich machen. Sie sind zwar meist kleinräumige, aber stark unterschätzte Lebensräume, denn einige Tier- und Pflanzenarten kommen ausschließlich in diesem Biotoptyp vor.

„Auch im Gallisried sind gefährdete Arten der Roten Liste wie zum Beispiel das Schmalblättrige und das Breitblättrige Wollgras, das Sumpf-Herzblatt oder auch Enzian- und Orchideenarten zu finden“, erläutert Dr. Christina Kraus von der BUND Ortsgruppe Raum Rottweil. „Auch viele Kleininsekten wie Schmetterlinge und Glühwürmchen finden hier einen hervorragenden Lebensraum.“ Aufgrund ihrer Kleinräumigkeit und ihrer hohen hydrologischen Sensibilität sind Hangquellmoore allerdings stark gefährdet – und mit ihnen all ihre Bewohner. Um dieses Feuchtbiotop mit seinem Artenreichtum zu erhalten, muss es einmal im Jahr gemäht und das Mähgut abgetragen werden. Dieser Entzug von Nährstoffen bremst dominante Pflanzenarten in ihrer Entwicklung und gibt vielfältigen, weniger dominanten Arten eine Chance, sich zu behaupten. Auch wird so der Gefahr der Verbuschung entgegengewirkt.

„Anfangs hatten wir damit zu kämpfen, der Öffentlichkeit zu erklären, warum da im Gallisried so viele Fichten gefällt wurden. Eben weil es damals drohte, komplett zuzuwachsen“, erinnert sich Ernst Schamburek. Er hatte gemeinsam mit Naturschutzwart Felix Zinke 1983 die Pflege des Gallisriedes als ökologische Bildungsmaßnahme der Volkshochschule Villingen-Schwenningen ins Leben gerufen. Über die Jahre hinweg übernahmen dann in abwechselnder Besetzung BUNDler*innen aus der Region Schwarzwald-Baar-Heuberg die Pflegearbeiten. Seit 2019 rückt die Ortsgruppe Raum Rottweil mit Rechen und Heugabeln an, so auch dieses Jahr. Nach vierzig Jahren immer noch mit dabei: Ernst Schamburek. Für sein jahrzehntelanges Engagement bekam er von seinen BUND-Kollegen feierlich „Die Goldene Heugabel“ überreicht.

Auch Ulrike von Kutzleben-Hausen vom BUND Regionalverband zeigte sich zufrieden mit der Pflege und Entwicklung der Artenvielfalt im Gallisried. Sie gab den Anstoß, ob nicht wieder der Bildungsgedanke hinter der Pflegemaßnahme aufgegriffen werden könne, beispielweise in Kooperation mit Schulen.

Um das Gallisried als Kleinod der Artenvielfalt zu erhalten, sind jedes Jahr im Herbst auch engagierte Bürgerinnen und Bürger eingeladen, bei der Pflegearbeit mit zu helfen. Denn nur das Bewusststein über dessen Besonderheit kann den Erhalt dieses Lebensraumes auf lange Zeit sichern. Zu den wichtigsten Schutzmaßnahmen zählt letztendlich die Rücksichtnahme aller. So ist darauf zu achten, dass keine Pflanzen gepflückt oder Tiere gefangen werden. Ein schönes Foto ist eine langlebigere Erinnerung.

Bild: (v.l.) Ortsvorsteher Matthias Sigrist, Matthias Kraus, Dr. Christina Kraus, Raymund Holzer, Bürgermeisterin Carmen Merz, Jutta Steffens, Ernst Schamburek, Ulrike von Kutzleben-Hausen, Fritz Rapp, Angela Gessler

 

Bild: Fleissige Helfer - Gallisried Pflegetrupp 2023